Wort zum Wochenanfang

Wie spannend ist das denn?

Zugegeben, als ich das erste Mal davon hörte, dass wir eine Ausstellung zum Turiner Grabtuch nach Herford holen, war ich mäßig begeistert. Ist es tatsächlich spannend, sich mit den Folterwerkzeugen zur Zeit Jesu und der Echtheit eines Stück Stoffs zu beschäftigen? Das hat zum einen damit zu tun, dass ich eher in der Aussage über die Auferstehung meine Glaubensüberzeugung und Glaubenskraft ziehe als in dem Blick auf das Leiden Jesu. Zu einer Figur des Auferstandenen kann ich mich eher hingezogen fühlen als zu einem Kreuz mit Korpus. Darüber hinaus habe ich auch wenig Zugang zu Glaubensgegenständen, die verehrt werden und bin immer skeptisch, was die Echtheit solcher Dinge angeht.

Da ich aber Führungen durch die Ausstellung „Wer ist der Mann auf dem Tuch?“ anbiete, musste ich mich ein wenig einarbeiten und bin auf spannende Spuren gestoßen. Da ist der geschichtliche Weg des Tuches, der nicht lückenlos nachweisbar ist, der aber faszinierende Details beinhaltet. Wussten sie, dass das Tuch mal fast hundert Jahre eingemauert gewesen sein soll? Das ist fast wie bei Indiana Jones! Dann sind die Verletzungsspuren desjenigen, der in dem Tuch über zwei Tage gelegen hat, ohne dass die Verwesung einsetzte. Diese stimmen mit den Berichten aus den Evangelien überein, sind aber z. T. anders (anatomisch korrekter) als die Darstellungen des Mittelalters. Und dann sind da noch die vielen wissenschaftlichen Untersuchungen aus dem letzten Jahrhundert. Sowohl Blütenstaub wie Straßendreck lassen auf Jerusalem schließen und Abdrücke von Münzen auf die Zeit des Pilatus. Zwar sorgt die Karbonmethode für eine Irritation mit ihrer mittelalterlichen Datierung, wird aber von anderen wissenschaftlichen Untersuchungen der Ungenauigkeit überführt. Mit einer forensischen Methode konnte man sogar das wahrscheinliche Aussehen der Person rekonstruieren. Das ist jetzt schon fast wie bei den Fernsehserien „Bones“ oder „CSI“. Wenn dann noch Mathematiker Wahrscheinlichkeiten berechnen, kommen diese auf eine Wahrscheinlichkeit von 1 zu 200 Milliarden, dass der Mann in dem Tuch der von den Evangelisten beschriebene ist. Da selbst ein Genie wie Leonardo da Vinci so etwas nicht zeichnen konnte, spricht vieles für die Echtheit des Tuches und lässt die Passionsberichte noch mal in einem anderen Licht erscheinen.

Vielleicht ist dieses leere Tuch und die Spuren darauf die Brücke zwischen dem leidenden Jesu und dem Auferstandenen. Sollte die Sternstunde der Menschheit, das großartige Handeln Gottes in dem Tuch ihre Spuren hinterlassen haben? Wie spannend ist das denn?

Ein Beitrag von Ulrich Martinschledde

PHP Code Snippets Powered By : XYZScripts.com