„Gegen alles ist ein Kraut gewachsen“ – die Kräuterweihe an Mariä Himmelfahrt (15.8.)

Wo, wann und wie Maria gestorben ist, wissen wir nicht. Weder die Bibel noch das Dogma der Aufnahme Mariens in den Himmel geben uns Auskunft. Nach Aussage des heiligen Irenäus ist Maria in Ephesus gestorben. Dorthin soll sie Johannes begleitet haben, den Lieblingsjünger Jesu. Eine andere Tradition ging davon aus, dass Maria in Jerusalem gestorben ist und dort auch begraben wurde.

Da verlässliche Informationen fehlten, entstanden verschiedene Legenden über Marias Tod und Himmelfahrt. In einer Legende heißt es, dass einige Jünger Marias Grab nach drei Tagen noch einmal geöffnet hätten. Im Grab fanden sie zwar keinen Leichnam mehr, dafür aber unzählige duftende Kräuter und Blumen. Dies deuteten die Menschen als Hinweis auf die Blumenliebe Marias.

Seit dem 7. Jahrhundert wird in der katholischen Kirche die Aufnahme Mariens in den Himmel gefeiert. Und seit dem 9. Jahrhundert gehört (fast nur) im deutschsprachigen Raum die Kräuterweihe dazu. Diese war für die Volksfrömmigkeit wesentlich wichtiger als die kirchlichen Aussagen zur Himmelfahrt Mariens. Denn die Kräuterweihe geht auf uralte germanische Erntebräuche zurück. Zunächst tat sich die Kirche sehr schwer mit diesen heidnischen Zeremonien. So wollte der heilige Bonifatius die Kräuterweihe auf dem Konzil des Jahres 743 verbieten lassen. Aber das Verbot ließ sich nicht durchsetzen. Die Kirche verstand schließlich, dass den Menschen der Wechsel vom Heidentum zum Christentum leichter fiel, wenn ihnen die Pflege wichtiger Traditionen weiter gestattet wurde. Pragmatisch machte die Kirche also aus der Kräuterweihe eine christliche Zeremonie. Sie wurde passend zur Erntezeit von Kräutern und Getreide auf den Marienfeiertag am 15. August gelegt. Und waren die Heilkräuter ehemals vorchristlichen Göttinnen geweiht, wurde ihre Heilkraft nun auf Maria zurückgeführt. Je nach Gegend hieß das Marienfest im Volksmund deshalb auch „Unser Frauen Würzweih“ oder „Büschelfrauentag“.

Die Menschen wussten, welche Kräuter bei welchen Krankheiten halfen. Sie sammelten und trockneten die Kräuter und verarbeiteten sie zu Tees oder Tinkturen. Kranke Menschen und auch krankes Vieh wurden damit behandelt. Und sowohl die Inhaltsstoffe der Heilpflanzen als auch der feste Glaube an die Hilfe Mariens unterstützten die Heilung.

Doch trotz der „Christianisierung“ der Kräuterweihe blieben mit ihr auch magische Vorstellungen verbunden. So war die Anzahl der Kräuter in den Kräutersträußen nicht beliebig. Es musste eine „magische“ Zahl sein, z.B. 7 (3 für Dreifaltigkeit + 4 für Welt), 9 (3 x 3), 12 (Apostel) oder sogar 77. Und man wählte die Pflanzen nicht nur wegen ihrer Heilkraft, sondern auch wegen ihrer symbolischen Bedeutung aus. An manchen Orten bilden Rose(Maria) und Lilie(Josef) die Mitte des Kräuterstraußes. Das Getreide steht für das tägliche Brot und die Erdbeere für die Süße des Paradieses. Rosmarin soll Mut schenken, Salbei zu Wohlstand, Weisheit und Erfolg verhelfen, Wermutverspricht Kraft und Schutz, Minze Gesundheit und Arnikasoll vor Feuer und Hagel schützen.

So verbanden sich in diesem Feiertag alter und neuer Glaube sowie medizinische Erfahrung harmonisch zum Wohl der Menschen.

Armgard Diethelm (alle Fotos privat)

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