17. Juni 1953: Volksaufstand in der DDR / 70. Jahrestag

 Vor nunmehr 70 Jahren standen in der damaligen DDR Arbeiter und Studenten gegen die SED-Herrschaft auf. Das war wahrlich kein Glaubenskampf und schon gar kein Kirchenkampf. Es war ein Aufstand gegen die Alleinherrschaft einer Partei-Clique, gegen die Willkür der Leistungsnormen, es war ein Kampf für Reformen der Arbeit und für eine freie, selbstbestimmte Gestaltung des Lebens.

Der Freiheitswille brach auf, er wurde schließlich mit sowjetischen Panzern blutig niedergewalzt.

Jahre und jahrzehntelang wurden wir durch einen Feiertag daran erinnert, heute wissen viele mit diesem Datum „17. Juni“ nichts oder nur wenig anzufangen, gerade deshalb möchte ich uns alle daran erinnern.

Die damaligen Aufständischen zielten weiß Gott nicht auf Gottes Reich ab. Dieser Arbeiteraufstand war nicht von Erfolg gekrönt und eine Befreiung hat nicht stattgefunden. Aber eines wurde damit dokumentiert – und die damals Herrschenden werden es auch gewusst haben.

Dieses Regime hatte damals keinen Rückhalt im Volk. Aber die kommunistischen Machthaber ließen trotzdem nicht locker. Die systematische Vernichtung der selbstständigen Berufe, des Handwerks und der freien Bauern waren die nächsten Aktivitäten zur Gleichschaltung der Menschen. Hunderttausende verließen das Land, weil sie keine Perspektive dort mehr sahen und wegen ihrer christlichen Glaubenshaltung oder ihrer politischen Überzeugungen verfolgt wurden.

Auch ein Einlenken der SED-Herrschaft gegenüber den Kirchen konnte kein Vertrauen herstellen. Die Verfolgung der jungen Gemeinden und der Studentengemeinden, die Verweisung ihrer Mitglieder von Oberschulen und Universitäten, die Verhaftung von Geistlichen waren der Ausdruck einer „Macht ohne Liebe“.

Dieses System hasste die Kirche, weil sie die einzige nicht angepasste Organisation war. Man setzte auf eine atheistische Jugenderziehung. Hass und Spott gegen Glaube und Kirche gingen auf und wirken bis heute nach.

Damals waren die Kirchen sehr viel kleiner geworden, blieben aber intakt und konnten über Jahrzehnte durchhalten auch bei wachsendem Druck. Obwohl sie behindert und bespitzelt wurden, konnten sie Flucht- und Kristallisationspunkte für eine große Zahl von Menschen werden, die ihre Grundskepsis gegenüber dem Regime nicht verloren hatten.

Nachdem sich der Widerstand erneut Bahn brach, dieses mal ohne Panzereinsatz, endete 1989 die SED-Herrschaft der DDR mit dem Fall der Mauer am 09. November in Berlin, dem Stacheldraht durch Deutschland, in die Wiedervereinigung.

Im 126. Psalm heißt es:

Die mit Tränen säen, werden mit Jubel ernten. Sie gehen hin unter Tränen und tragen den Samen zur Aussaat. Sie kommen wieder mit Jubel und bringen ihre Garben ein.

Dieser uralte Mythos von Saat und Ernte als Wechsel von Trauer und Jubel ist ein Bild für den Weg durch Leiden hin zur Freude. Trotz aller Trübsal lohnt es, mit Vertrauen in die Zukunft zu gehen. Das zeigt auch der Weg vom 17. Juni 1953 bis hin zum 09. November 1989!

Nach dem großen Scheitern 1953, nach dem Gelingen 1989 brauchen wir auch heute noch immer wieder Kraft zur Vollendung der Einheit des Landes – ein mühsamer und jahrzehntelanger Prozeß.

Das Gedenken an den 17. Juni 1953 mahnt uns beieinander zu stehen und alles daran zu setzen, das Ost-West-Gefälle zu überwinden. 

Ein Beitrag von Pfarrer Wolfgang Sudkamp.

PHP Code Snippets Powered By : XYZScripts.com