Der Tag des Friedhofs (17.09.2022)

Auch wenn wir den Verstorbenen „ruhe in Frieden“ wünschen – daher kommt die Bezeichnung Friedhof nicht. Die alt- und mittelhochdeutschen Wörter „frithof“ oder „vrithof“ bedeuten „umfriedeter Platz“, denn die offiziellen Begräbnisstätten werden meist von einem Zaun oder einer Mauer geschützt. In manchen Gegenden heißen sie auch „Kirchhof“ oder „Gottesacker“.

Friedhöfe lösen unterschiedliche Gefühle in den Menschen aus. Ich gehöre zu denen, die gerne Friedhöfe besuchen. Meine Großväter wurden auf einem parkähnlichen Friedhof mit schönen alten Bäumen und riesigen Rhododendren ganz in der Nähe meines Elternhauses begraben. Ihre Gräber besuchte ich oft zusammen mit meinen Omas. So habe ich auf dem Friedhof mehr oder weniger laufen gelernt und dann später an den Grabsteinen lesen geübt. Ich mochte die vielen Blumen, Vögel und Eichhörnchen auf dem Friedhof. Aber unwohl gefühlt habe ich mich als Kind im Bereich der vielen Soldatengräber aus den beiden Weltkriegen. Ich konnte nie ganz die Angst abschütteln, dass mein Vater dort hinkommen würde, wenn es wieder einmal Krieg gäbe. Spannend fand ich dagegen die großen Familiengrabstellen mit ihren Steinfiguren. Und auch etwas zum Schmunzeln gab es dort – ich erinnere mich, dass Familie Brathuhn ihre Grabstelle neben Familie Truthahn hatte.

Später stellte ich auf Reisen dann fest, wie unterschiedlich Friedhöfe aussehen können:

Immer am dritten vollständigen Wochenende im September richten die Berufsgruppen, die sich um Bestattung und Friedhofspflege kümmern, den Tag des Friedhofs aus. Sie informieren dann über die verschiedenen Formen der Trauerkultur und die gesellschaftliche Bedeutung von Friedhöfen.

Durch Ausgrabungen weiß man, dass es schon in der Jungsteinzeit geordnete Bestattungsformen gab. Das Megalithgrab z.B. hatte die Form eines Hauses, in dem alle Verstorbenen einer Sippe beigesetzt wurden. Entdeckt wurden auch sogenannte „Hockergräber“. Darin wurden die Verstorbenen in hockender Form in unmittelbarer Nähe des eigenen Hauses bestattet, damit die Ahnen nahe bei den Lebenden waren. In weiten Teilen Europas findet man Hügelgräber. Unter einer runden Aufschüttung aus Erdreich enthalten sie Särge oder Grabkammern aus Holz oder Stein. Im Glauben, dass die Verstorbenen im Jenseits weiterleben, wurden manchmal notwendige Dinge des Alltags mit ins Grab gelegt. Die Ägypter verscharrten die einfachen Menschen zwar in der Wüste, bestatteten ihre Pharaonen aber in den Pyramiden. Die Griechen und Römer beerdigten ihre Bürger außerhalb der Städte in einfachen Gräbern auf Feldern, sogenannten Nekropolen.

Die Christen legten dann gemeinschaftliche Grabstätten an, weil sie nicht nur im Leben, sondern auch im Tod als Gemeinschaft auf die Auferstehung warten wollten. Es gab Felsengräber außerhalb der Ortschaften oder unterirdische Grabstätten, die Katakomben. Viele Christen wollten nahe bei den Märtyrern bestattet werden, deren Reliquien sich in den Kirchen befanden. Ungefähr ab dem Jahr 460 durften darum Verstorbene – zuerst nur hohe kirchliche Würdenträger und weltlicher Adel – auch innerhalb der Kirchen beigesetzt werden. Im Spätmittelalter wurden die Grabstätten innerhalb der Kirchen und Klöster käuflich. Wegen des Platzmangels in den Kirchen wurden dann auch um die Kirchen herum Grabstellen angelegt.

Da die Kirchen meist inmitten der Dörfer und Städte lagen, führte das zu Problemen. Nicht selten drang unerträglicher Verwesungsgestank aus den Gräbern. Und manchmal hoben die Totengräber die Gruben nicht tief genug aus, so dass streunende, hungrige Hunde die Toten ausgebuddelten. Seit dem Spätmittelalter und dann besonders in den Zeiten der Pest im 14. Jahrhundert und im Dreißigjährigen Krieg, in dessen Verlauf ein Drittel der Bevölkerung Deutschlands starb, forderten Ärzte und Naturwissenschaftler aus hygienischen Gründen die Entfernung der Friedhöfe aus den Siedlungen. 1789 entstand der erste kommunale Zentralbegräbnisplatz in München. Die Kirchen protestierten gegen die Neuerungen, weil ihnen so die lukrativen Gruftgelder entgingen. Doch der Fortschritt ließ sich nicht mehr aufhalten.

Aus den Friedhöfen wurden Parkanlagen. Durch die üppige Bepflanzung wollte man gefährliche Ausdünstungen reduzieren, die angeblich durch die Verwesung entstanden. Friedhöfe waren nun nicht mehr nur Orte der Trauer, sondern auch der Erholung.

Neu war auch die Bestattung in Reihengräbern, die die Gleichheit aller Menschen betonen sollte. Sie konnte sich allerdings nicht durchsetzen.  Nach kurzer Zeit führte das Standesdenken wieder dazu, dass reiche und angesehene Familien in majestätischen Gruften an den Hauptwegen und die einfachen Leute an den Nebenwegen bestattet wurden.

Die Gräber wurden zuerst mit einfachen Holz- oder Steinsäulen gekennzeichnet. Aber seit dem Mittelalter gab es auch Grabsteine mit Darstellungen des Verstorbenen oder Inschriften.

Man findet auch religiöse Symbole, allegorische Darstellungen, Natursymbole und Berufszeichen auf Grabsteinen.

Ein Beitrag mit privaten Bildern von Armgard Diethelm.

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