Zu den kriegerischen Auseinandersetzungen in der Ukraine

Ein Beitrag von Pfarrer Wolfgang Sudkamp.

„Wirklich, ich lebe in finsteren Zeiten!

Das arglose Wort ist törricht. Eine glatte Stirn deutet auf Unempfindlichkeit hin. Der Lachende hat die furchtbare Nachricht nur noch nicht empfangen.

Was sind das für Zeiten ….“

Gedichtzeilen von Bertolt Brecht zu Beginn und die Feststellung: Ja, wir leben in finsteren Zeiten! – Wer hätte das für möglich gehalten, dass es in Europa noch einmal kriegerische Auseinandersetzungen geben würde und die Grenzziehungen zwischen den Staaten infrage gestellt würden. Seit vergangenen Donnerstag Früh wissen wir – auch das ist möglich. Momentan gibt es nur noch ein Thema: der Angriff Russlands auf die Ukraine. Andere Nachrichten, wie die unsägliche Corona-Krise, die Klimakatastrophe und vieles mehr, die gestern noch wichtig waren, sind jetzt nur noch Randnotizen.

Nach dem Zusammenbruch des kommunistischen Systems im Osten Europas und der damaligen Sowjetunion sahen wir alle eine friedliche Zukunft für ganz Europa voraus – einige Staaten hatten sich neu gebildet, u.a. auch die Ukraine; aber schon bald holte uns die Wirklichkeit ein, als auf dem Balkan eine schreckliche Eskalation ausbrach, und jetzt stellt der russische Präsident die Unabhängigkeit der Ukraine in Frage und nach dem Griff auf die Krim 2014 scheint er nun entschlossen zu sein, das ganze Land unter scheinheiligen Argumenten einnehmen zu wollen und wir schauen ohnmächtig zu.

Wir alle sind fassungslos, besonders unsere Nachkriegsgenerationen sind doch zum Frieden erzogen worden. Gerade wir als Deutsche hatten doch unsere Lektion nach dem von uns verursachen 2. Weltkrieg gelernt. Und wir haben doch alle gelernt, dass es einen gerechten Krieg nicht geben kann.

Welches Leid bringt jener Mann im Kreml über die Menschen in der Ukraine, die in ständiger Angst nun leben? Krieg oder auch kriegerische Auseinandersetzungen bedeuten immer auch Elend, Verlust, Angst und Leid für die Zivilbevölkerung. Es gibt keinen sauberen Krieg, es gibt keine chirugischen Eingriffe rein militärischer Art. Krieg ist niemals gerechtfertigt!

Wir Christen orientieren uns an Jesus Christus – er selbst hat immer wieder gegen allen Hass und alle Rachegedanken die Liebe gepredigt. Die nennt er selig, die Frieden stiften und die um der Gerechtigkeit willen sich auch verfolgen lassen. Er hat sogar von der Liebe zu den Feinden zu reden gewagt und damit allen damaligen und sicher auch heute noch gültigen Denkmustern widersprochen. Er hat auch für sich selber auf alle Zeichen von Macht und Gewalt verzichtet. Er ist den Weg der Gewaltlosigkeit gegangen, bis hin zur Aufgabe seines eigenen Lebens.

Nein, wer Jesus Christus als seinen Herrn bekennt, der kann neben dem Prinzip der Liebe und der Gewaltlosigkeit kein anderes Prinzip haben – das sollten die russisch-orthodoxen Bischöfe ihrem Präsidenten jetzt auch einmal in Deutlichkeit sagen und nicht schweigen.

Oder sollte alles, was Jesus gesagt hat, was er gelebt hat, was er uns bedeutet, hier – in diesem konkreten Fall – nicht gelten? Man kann doch die Bergpredigt im Krisenfall nicht einfach suspendieren, sozuagen außer Kraft setzen, weil sie jetzt nicht ins Konzept passt. Dann muss man sich woanders Orientierung suchen, aber nicht beim Jesus des Neuen Testaments.

Was also tun? Dass wir Widerstand leisten dort, wo man uns andere Wege als die des Friedens einzureden versucht. Dass wir denen beistehen, die den Weg der Gewalt nicht gehen wollen. Dass wir die Politiker auf allen Seiten nötigen, andere Lösungen als die des Krieges zu suchen. Es ist wahrhaftig längst noch nicht alles versucht worden und dazu gehört auch, dass die Nato, das westliche Verteidigungsbüdnis weiter gen Osten ausdehnen zu wollen. Wir müssen allen Mut machen, die sich in diesen Tagen für die Beilegung des Konfliktes einsetzen.

Und wir müssen in Westeuropa auch wieder damit rechnen, dass neue Flüchtlingswellen einsetzen, wollen wir uns dann wieder abschotten und Grenzzäune noch höher ziehen?

Wir Christen müssen einen anderen Weg gehen – wir folgen Jesus von Nazareth, der uns auch 2022 zuruft: „Selig sind die Friedfertigen, denn sie werden Gottes Kinder heißen.“

Beten wir für den Frieden überall auf dieser Welt, besonders für die Ukraine!

Bild: Christiane Raabe In: Pfarrbriefservice.de
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