Wort zum Sonntag

Bild: privat

Mit dem November hat eindeutig die kalte Jahreszeit begonnen, die Tage werden immer kürzer und dunkler, es wird kalt, nebelig und nass. Die Bäume verlieren ihr letztes Laub, die Gärten werden winterfest gemacht und es scheint, als ob das Leben in der Natur stirbt. Im November häufen sich aus diesen Gründen wahrscheinlich auch die Feiertage, an denen der Verstorbenen gedacht wird. Die Gräber der Verstorbenen werden besucht und gesegnet, es werden Kerzen entzündet und Blumengestecke abgelegt. Und auch der Opfer der beiden Weltkriege und des Nationalsozialismus wird durch Kranzniederlegungen an den Gedenkstädten gedacht. Ich selbst kenne den Brauch im November die Gräber verstorbener Angehöriger zu besuchen, tatsächlich nur aus meinem beruflichen Kontext. Bei uns in der Familie gibt es diese Tradition nicht, wahrscheinlich auch der weiten Fahrt geschuldet, da meine Großeltern in Schleswig-Holstein lebten und dort auch beerdigt wurden. Trotzdem versuche ich bei meinen Besuchen in Itzehoe auch ab und an einen Besuch auf dem Friedhof einzurichten und dann eine Weile an dem Grab meiner Großeltern zu verweilen. Es tut mir gut dort zu sein und an diesem Ort an meine Oma und meinen Opa zu denken, ein wenig von meinem Leben zu erzählen und einfach da zu sein.

Vielleicht ist deshalb der Monat November, mit seinem geballten Erinnern an den Tod, ein wichtiger Gegensatz zu unserem alltäglichen Leben. Wie viel Platz erlauben wir denn dem Tod in unserem Alltag? Wie gehen wir mit unserer eigenen Trauer und Menschen, die in Trauer sind, um? Wie lange fragen wir bei unseren Nachbarn, die einen Angehörigen verloren haben, noch nach, wie es ihnen geht? Muss die Trauer nicht auch irgendwann mal gut sein? Ist es für uns häufig nicht bequemer Tod und Trauer auszuklammern und uns auf die vielen anderen Themen und To-Do-Listen in unserem Leben zu konzentrieren?

Vielleicht können Sie sich noch erinnern, dass ich in einem Wort zum Sonntag vor einiger Zeit von meinen Hühnern berichtet habe. Als ich die Hühner, ausgemusterte Legehühner, bekommen hatte, durften sich mein Neffe und meine Nichte jeweils ein Huhn als „ihr“ Huhn aussuchen, das waren Felix und Lisa. Leider hat Lisa nicht lange gelebt, so dass ich meiner Nichte die traurige Botschaft des Todes überbringen musste. Wir haben dann eine richtige Beerdigung geplant, mit gemeinsamen Kaffeetrinken und viel Platz für Trauer. Das mag vielleicht für den ein oder anderen befremdlich sein, aber uns war sehr wichtig, die Trauer der Fünfjährigen ernst zu nehmen. Lisa wurde beweint, sie wurde gestreichelt (und dadurch wirklich begriffen, dass das Huhn tot war), es wurde geklagt, es wurden Geschichten von Lisa erzählt und schließlich wurde Lisa mit viel Blumenschmuck beerdigt. Im Anschluss haben wir Kuchen gegessen und ein strahlendes Mädchen sagte: „Das war die schönste Beerdigung, auf der ich jemals war“.

Trauer ernst zu nehmen und ihr Raum in unserem Leben geben, ist sehr wichtig, bei kleinen und großen Menschen. Vielleicht möchten Sie die restlichen Tage im November noch einmal nutzen, um auf den Friedhof zu gehen oder Zuhause eine Kerze zu entzünden und dabei an die verstorbenen Menschen zu denken – es könnte guttun.

Ein Beitrag von Gemeindereferentin Svenja Kuschke.

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