Mit-leiden

In den Gottesdiensten am Palmsonntag hören wir jedes Jahr die Leidensgeschichte unseres Herrn Jesus Christus. Wie das schon klingt: Wir hören Leiden…
Wer macht das schon gerne, Leiden hören? Wer setzt freiwillig hin, bringt Zeit auf, um sich das Leiden eines anderen Menschen anzuhören? Dabei gibt es viel Leid, das wir uns anhören könnten, gerade auch jetzt angesichts der Corona-Krise. Doch wer hört Menschen gerne zu, die – aus welchen Gründen auch immer – gerade leiden?

Es ist nicht leicht, sich mit Leid konfrontieren zu lassen. Da ist es doch wesentlich angenehmer, sich auf die Sonnenseite des Lebens zu stellen, den eigenen Stars und Idolen zuzujubeln und sich des Lebens zu freuen – anstatt sich mit Leidensgeschichten auseinanderzusetzen.

Ein Blick in die Leidensgeschichte des Herrn zeigt ähnliches: Wie viele von denen, die Jesus beim Einzug nach Jerusalem zujubeln, sind am Ende noch da, belgeiten ihn auf seinem Leidensweg hinauf nach Golgotha? Oder noch viel schlimmer: Sie sind da und stimmen in die Rufe „Ans Kreuz mit ihm!“ mit ein…
Jesus hatte viele Leidensgeschichten gehört. Er war für die Menschen da, die ihre Hoffnung auf Heil in ihn gesetzt hatten. Er hatte Mitleid. Jetzt leidet er selbst. Und wer leidet mit ihm?

Leid gehört zu unserem Leben dazu. Jesus beantwortet uns nicht die Frage nach dem Warum, doch er gibt eine Antwort auf das Leiden selbst, und die heißt: Mit-Leid. Im Leiden ist ER da.

Vielleicht kostet es uns Überwindung, uns dem Leid anderer auszusetzen und ihnen zuzuhören und für sie da zu sein. Doch in diesen Menschen ist ER da, in ihnen begegnen wir Christus!

Pastor Carsten Adolfs