Von Hefemännchen und anderem Gebäck

In diesen Tagen um St. Martin oder zum St. Nikolaustag sieht man bei manchem Bäcker mehr im Rheinland als bei uns in Wittekindsland diese Hefemännchen mit einer Tonpfeife und zwei Rosinenaugen. Ich habe als Kind so manchen verspeist und inzwischen auch den einen oder anderen verschenkt. Aber woher kommt eigentlich dieser Brauch und warum die Tonpfeife?

Vemutlich soll der Brauch mit den Bildbroten schon auf vorchristliche Zeit zurückgehen. Damals backte man kleine Brote in Form von Menschen und Tieren, um sie den alten Göttern zu opfern und deren Gunst zu bekommen. Als das Christentum sich hier immer mehr ausbreitete und neue Anhänger gewann, adaptierte man so manchen heidnischen Brauch und wandelte ihn christlich um. Auch die Bildbrote bekamen eine neue Bedeutung. Aus Opfergebäcken wurden Glücksgeschenke, statt den Göttern spendete man den Armen. Statt den alten heidnischen Festtagen wurden nun Heiligengedenktage genutzt, die übrigens seltsamerweise genau auf die Tage fielen, die auch vorher schon heidnische Festtage waren. Auch die Bildbrote veränderten sich, und es wurden Nachbildungen der gefeierten Heiligen. Sie bekamen oft eine Bischofsmütze und einen Hirtenstab. Sicher hat manch einer dann auch auf die Hilfe der Heiligen gehofft und sich im Grunde wenig vom Glauben seiner Vorfahren unterschieden.

Vermutlich im Zuge der Reformation und seinen Nachwirkungen war es mit der Heiligenverehrung in vielen Gegenden dann vorbei. Da man aber trotzdem gerne die Hefemännchen verschenkte, wurde der Hirtenstab einfach mit einer einfachen Tonpfeife ersetzt und die Bischofsmütze weggelassen. So entstand das Hefemännchen, wie wir es kennen, welches aber dann doch wieder in katholischen Gegenden an Heilgenfesttagen gebacken und verschenkt wurde.

Der Stollen erinnert an das Kind in Windeln und durch die Früchtefüllung an den Segen, den das Kind bringt. Er wird ca. 6 Wochen vor Weihnachten gebacken und muss dann bis zum Weihnachtsfest ruhen und durchziehen.

Übrigens. Das Hefemännchen ist nicht das einzige Gebäck mit christlicher Vorgeschichte. So soll der weiße Stollen, der ja auch in diesen Tagen gebacken wird und bis Weihnachten ruhen muss, ein Symbol für das segensreiche Christkind in den weißen Windeln sein.

Und wenn wir bald Spekulatien backen, kaufen oder naschen, erkennen wir die oben beschriebenen Bildbrote wieder, die von den Römern in unsere Gegend mitgebracht wurden und sich dann besonders im Rheinland ausbreiteten. Der Bischof Nikolaus aus Myra und sicher manch andere Kirchenmann wurde „Speculatur“ genannt. Das bedeutet: „Jemand, der nach innen lauscht (auf Gott hört)“. Bald nannte man das Gebäck zum Nikolaustag Spekulatius. Auch wenn sich die Formen und Model im Laufe der Jahrhunderte immer wieder verändert haben, der typisch würzige Geschmack des Mürbegebäcks ist geblieben und es ist nach wie vor beliebt.

Zu den Bildboten kann man im weitesten Sinn auch die Lebkuchen zählen. Auch hier gibt es unterschiedliche Formen aber eben auch die Möglichkeit, Bilder als Verzierung darauf zu dekorieren.

Lasst es euch in diesem Jahr schmecken und erzählt gerne von dem Ursprung.

Ulrich Martinschledde