Abschied vom Glück

Es fing so gut an in diesem Jahr. Eine Ausstellung „Zum Glück“ im September in unserer e-kirche stand auf der Agenda und schon die ersten Samen gingen sofort auf. Die Menschen konnten sich bei dem Thema gut einbringen. Im Team der Hauptamtlichen gab es eine Eigendynamik und man beschloss, die Fastenzeit als große geistliche Unterbrechung schon für das Thema zu nutzen. Es schien ein gesellschaftliches Thema zu sein. Ob Kunstwettbewerb bei den Volksbanken, ob Sonderausgabe der Kfd- Zeitschrift, Thema für den nächsten Fritz oder in der Werbung und in den Supermärkten. Wir waren mit der Idee am Puls der Zeit.

Kaum zu glauben, dass das nur zwei Wochen her ist.

Von Glück ist derzeit nichts mehr zu spüren. Von Sorge und Angst umso mehr. Bekommen wir unseren Schwiegervater nächste Woche noch würdig unter die Erde? Ist der Schnupfen oder das Unwohlsein schon Corona oder doch nur die jährliche Allergie? Und wenn es der Virus ist, wen habe ich schon alles angesteckt, ohne es zu wissen? Wann wird die Krise überwunden sein und wie kann man weiter planen? Was ist mein Leid gegenüber der weltweiten Pandemie oder den Geflüchteten in den Lagern an der europäischen Grenze?

Jetzt einfach eine Bibelstelle zitieren und an unser Gottvertrauen zu appellieren scheint mir nicht richtig. Natürlich weiß ich, dass wir an Krisen wachsen und unsere Seele gerade durch die Narben an Wert gewinnt. Ich fühle mich immer noch aufgehoben in Gottes Hand und erwarte im schlimmsten Fall das Paradies in Gottes Reich. Aber ich kann die Erfahrung nicht Vorweg nehmen. Ich muss die Situation erst erleiden und gestalten.

So kann ich mich derzeit solidarisch erklären mit den Menschen, die derzeit und in den nächsten Wochen gewaltiges leisten und mit denen, die große Verluste erleiden. Ich kann meinen Teil dazu beitragen, dass sich der Virus nicht weiter ausbreitet. Ich kann durch so einen Blog meine Fähigkeit einbringen, dass sich die Menschen nicht allein gelassen fühlen. Zum Deuten und spirituell Einordnen soll später Zeit sein.

Übrigens haben wir das Thema Glück zunächst um ein Jahr verschoben. Ich kann aber heute schon sagen: Es wird sich anders anfühlen!

Ulrich Martinschledde