Freude, schöner Götterfunken

Erzbistum Paderborn: https://www.erzbistum-paderborn.de/veranstaltungen/konzert-zum-beethoven-jahr-2020/

Freiheit, Gleichheit, Geschwisterlichkeit

Ludwig van Beethovens „Ode an die Freude“ (letzter Satz der 9. Sinfonie), die Vertonung von Friedrich Schillers Gedicht „An die Freude“, ist ein fester Bestandteil vieler Konzertveranstaltungen am „Tag der Deutschen Einheit“. Leonard Bernstein dirigierte sie nach dem Fall der Mauer – mit dem modifizierten Text „Freiheit (statt: Freude), schöner Götterfunken“. Das Stück gehört heute zu unserer deutschen Identität.

Bevor man 1952 die dritte Strophe des Deutschlandliedes zur deutschen Nationalhymne bestimmte, verwendete man nach dem 2. Weltkrieg die Ode sogar als Deutschland-Hymne. 1972 wurde das Hauptthema des letzten Satzes vom Europarat zu seiner Hymne erklärt und 1985 von der Europäischen Gemeinschaft als offizielle Europahymne angenommen. In der Begründung heißt es, „sie versinnbildliche die Werte, die alle teilen, sowie die Einheit in der Vielfalt“.

Der berühmte deutsche Komponist, der dieses Jahr seinen 250. Geburtstag gefeiert hätte, war Zeitgenosse der Französischen Revolution und verfolgte, wie auch Friedrich Schiller, das demokratische Grundgefühl.

Nach all dem politischen Tumult der damaligen Zeit, ist die „Ode an die Freude“ eine Sehnsucht nach Freiheit, Gleichheit, Verbrüderung, nach Freude und Jubel, nach der Illusion eines Weltfriedens, nach einer Welt ohne Kriege.

In den „Konversationsheften“ Beethovens findet man Merkmale, die aufzeigen, dass das berühmte Werk auch mit der Philosophie eng verknüpft ist. Der Bezug zu Kants „Moralischem Gesetz“ ist erkennbar – „Handle nur nach derjenigen Maxime, von der du wollen kannst, dass sie ein allgemeines Gesetz werde!“

Diese bürgerliche Bewegung des 19. Jahrhunderts hat in der Politik in Westdeutschland nach dem 2. Weltkrieg und in Ostdeutschland 1989 Einzug gehalten.

Und auch in der ältesten und weltumspannenden Organisation der Katholischen Kirche wird derzeit um demokratische Strukturen gerungen, aber von dem „Synodalen Weg“ hört man noch keine Freudengesänge.

Auszug aus Schillers Gedicht:

Freude, schöner Götterfunken,
Tochter aus Elysium,
wir betreten feuertrunken
Himmlische, dein Heiligtum.

Deine Zauber binden wieder,
Was die Mode streng geteilt;
Alle Menschen werden Brüder,
Wo dein sanfter Flügel weilt.

Seid umschlungen, Millionen!
Diesen Kuss der ganzen Welt!
Brüder – überm Sternenzelt
Muss ein lieber Vater wohnen
.

In nachfolgendem Video ist auffällig, wie sich die „Freude“ wie ein Spannungsbogen sowohl bei den Musizierenden als auch bei allen Zuhörenden in den Gesichtern widerspiegelt.
Viel Freude beim Beobachten…

Monika Reinkemeier