Die Feuer…

„Die Feuer sind verraucht.
Verflogen der Klang unserer Lieder.
Ziehender Vogelruf, kehren bald wieder“

So heißt es in der ersten Strophe eines meiner liebsten „Fahrtenlieder“, die wir am Ende des Sommers im Herbst sangen. Ich erinnere mich gerne an das Lied, auch wenn es auf einer melancholischen Melodie gesungen wurde. Das kühle, regnerische, lichtärmere und trübe Wetter lässt es uns empfinden, wir bewegen uns von frohen, belebenden, warmen, lichtlangen Sonnentagen des Sommers weg, hin zu feuchten, lichtarmen Tagen des Winters. Diese zunehmenden lichtärmeren und unbeständigen Tage erzeugen bei mir keine „Hoch“-Stimmung, wie es die Tage im heller werdenden Frühjahr und die langen hellen Tage des Sommers vermögen. Erinnerungen an die vielen unbeschwerten Tage des Sommers dagegen erwärmen mein Herz.
Gerade haben wir Ernte Dank gefeiert. Die Lebensmittel produzierenden Bauernverbände ziehen Bilanz. Industrieverbände, Tourismusverbände und viele Andere ziehen Bilanz. Der Herbst ist eine Jahreszeit, in der wir mit Information über Gewinn, Verlust und Erwartungen überschwemmt werden.
Gerade in diesem besonderen Jahr, das mit der Corona Pandemie unser Leben so durcheinandergeschüttelt hat. Gewissheiten, Hoffnungen, Pläne, Verhaltensweisen, Lebensgefühle und so manches mehr wurden gleichsam auf den Kopf gestellt und es drängt mich dazu, einmal genauer hinzuschauen: Was habe ich in diesem Jahr über mich gelernt und welche „Früchte“ konnte ich „ernten“?
Die für mich einschneidendste Lernaufgabe entstand mit dem Lockdown. Kontaktbeschränkungen mit den Auswirkungen, meine Tochter nicht mehr regelmäßig zu Besuch zu haben, meine Enkelkinder nicht auf den Arm nehmen zu sollen, der Verzicht auf eine geplante Helfer-Dankeschön-Party an meinen Geburtstag im April anlässlich des Umzugs, keine Hand zu drücken oder einem Menschen durch eine Umarmung meine Nähe zu zeigen, keine öffentlichen Gottesdienste mehr zu besuchen, im Krankenhaus keine Besuche mehr machen zu dürfen, mich selbst und andere als mögliche „Anstecker“ anzusehen, und, und … . Sie werden das sicher mit ihren Gedanken füllen können.
Aus dem Nachdenken (Beten) über diese Ohnmachtssituationen erwuchs die Kraft nach Formen zu suchen, die dem Gewohnten nahe kamen.
Mit meiner Tochter und den Enkelkindern skypen und z. B. Gute-Nacht-Geschichten vorzulesen; die Teilnahme am gemeinsamen Abendgebet um 19.30 Uhr ; sich in der Kirche zum stillen Gebet zu versammeln; und… ,

Daraus erwuchs die Erkenntnis: Ich verliere nicht meine Hinwendung zum Du – zu den Menschen und zu Gott, auch wenn mir die gewohnten, liebgewordenen Formen genommen werden und ich scheinbar nur auf mich geworfen werde. In Gottes Schöpfung ist ein ‚Mehr‘ an Formen und Gestaltungsmöglichkeiten vorhanden, um ein Echo auf die mir von Gott angebotene Liebe zu geben. Ich bin der festen Überzeugung, dass jeder und jede einen Schatz dieser Echos in seinem Herzen trägt und ich möchte Sie ermutigen, diese „Echos“ zu heben und zu behalten. Der Segen Gottes, der größer ist als unsere Vernunft, begleite Sie bei Ihrem Finden.

Holger Schirk