Heiliger Geist in der Musik

Windhauch – Lebensatem – Gesinnung – Geistwesen

„…das heilige „Pneuma“ spricht, seufzt und dankt in uns, wenn wir singen und spielen vor dem Herrn“ (Tagungsband „Ratzinger-Studien“).

Wort, Musik und Heiliger Geist spielen im Zusammenwirken in der Pfingstkantate „Erschallet, ihr Lieder, erklinget ihr Saiten!“ von J. S. Bach (Uraufführung am 1. Pfingsttag 1714 in der Schlosskapelle in Weimar) eine ganz besondere, in sich verschmelzende Rolle.

Mit Trompeten-Fanfaren und Pauken öffnet der festliche Konzertsatz – der Eingangschor. Auf beeindruckende Weise wird hier die Botschaft vermittelt, dass die Lobpreisung Gottes durch das Erschallen, Erklingen von Musik untermauert ist und diese am Ende der Kantate noch einmal durch Wiederholung bekräftigt wird.

Während im 2. Satz der Auszug aus der Bibel (Joh 14,23) eher ruhig mit bestärkendem Erzählcharakter interpretiert wird, symbolisiert die Arie über die „Heiligste Dreieinigkeit“ im Wechselspiel zwischen Trompeten und Solo-Bass die Königsherrschaft Gottes, die flehentlich mit einem neunmaligen „Komm“ in die menschliche Seele einziehen möge.

Wunderbar gelöst und getröstet fühlt man sich bei dem, von Violinen in fließenden Bewegungen ausgeführten „Wehen des Geistes Gottes“, mit der Aussicht darauf, dass der Tröster nahet.

Wie besinnlich ist man dadurch eingestimmt auf den Dialog zwischen der Seele und dem Heiligen Geist im 5. Satz. Da bekommt die Schilderung des Heiligen Augustinus in seiner Pfingsthomilie „Was die Seele für den Leib des Menschen ist, ist der Heilige Geist für Christi Leib, welcher die Kirche ist…“ einen ganz besonderen Platz.

Der Text des Schlusschorals im 6. Satz, begleitet von der Melodie des bekannten Liedes „Wie schön leuchtet der Morgenstern“, mutet an wie ein schlichtes Gebet, in das man sich einfach hineinfallen lassen kann.

Text der Kantate:

1. Erschallet, ihr Lieder, erklinget, ihr Saiten!
O seligste Zeiten!
Gott will sich die Seelen zu Tempeln bereiten.

2. Wer mich liebet, der wird mein Wort halten, und mein Vater wird ihn lieben,
und wir werden zu ihm kommen und Wohnung bei ihm machen. (basiert auf Joh 14,23)

3. Heiligste Dreieinigkeit,
Großer Gott der Ehren,
Komm doch, in der Gnadenzeit
Bei uns einzukehren,
Komm doch in die Herzenshütten,
Sind sie gleich gering und klein,
Komm und lass dich doch erbitten,
Komm und ziehe bei uns ein!

4. O Seelenparadies,
Das Gottes Geist durchwehet,
Der bei der Schöpfung blies,
Der Geist, der nie vergehet;
Auf, auf, bereite dich,
Der Tröster nahet sich.

5. SEELE:    

Komm, lass mich nicht länger warten,
Komm, du sanfter Himmelswind,
Wehe durch den Herzensgarten!
Hl. GEIST:Ich erquicke dich, mein Kind.
SEELE:    

Liebste Liebe, die so süße,
Aller Wollust Überfluss,
Ich vergeh, wenn ich dich misse.
Hl. GEIST:Nimm von mir den Gnadenkuss.
SEELE:    

Sei im Glauben mir willkommen,
Höchste Liebe, komm herein!
Du hast mir das Herz genommen.
Hl. GEIST:Ich bin dein, und du bist mein!

6. Von Gott kömmt mir ein Freudenschein,
Wenn du mit deinen Äugelein
Mich freundlich tust anblicken.
O Herr Jesu, mein trautes Gut,
Dein Wort, dein Geist, dein Leib und Blut
Mich innerlich erquicken.
Nimm mich
Freundlich
In dein Arme, dass ich warme werd von Gnaden:
Auf dein Wort komm ich geladen. (Philipp Nicolai)

7. Erschallet, ihr Lieder, erklinget, ihr Saiten!
O seligste Zeiten!
Gott will sich die Seelen zu Tempeln bereiten.

Weder die 300 Jahre alten Texte, noch die Musik sind geeignet zur seichten Berieselung. Man muss sich darauf einlassen. Wenn einem das gelingt, kann man einen wahren Schatz entdecken und es wird einem deutlich, dass diese Musik nur wirklich inspiriert vom Heiligen Geist erschaffen werden konnte.

Hoffen wir, dass der Heilige Geist möglichst bald auch wieder durch unseren gemeinsamen Gesang in unseren Kirchen spürbar wird.

Der Tölzer Knabenchor singt die Kantate in der nachfolgenden Aufzeichnung in Stift Melk. Sie dauert ca. 20 Minuten und es lohnt sich sehr hineinzuhören – viel Freude dabei…

Monika Reinkemeier