Deinen Tod, o Herr, verkünden wir!

„Deinen Tod, o Herr, verkünden wir, und deine Auferstehung preisen wir, bis du kommst in Herrlichkeit.“
Wie oft haben wir diesen feierlichen Ruf schon gesprochen! Doch mal ehrlich: Hatten Sie dabei schon einmal den Karfreitag im Blick? Ich bin mir für mich nicht so sicher. Und dabei ist dieser Satz, oder besser gesagt der erste Teil davon, ein zentraler, bringt er doch den Inhalt des heutigen Tages auf den Punkt: „Deinen Tod, o Herr, verkünden wir …“.

Wir überspringen seinen Tod nicht, blenden das Geschehen am Karfreitag nicht einfach aus, um dadurch schneller beim Auferstandenen und damit an Ostern zu sein. Wir verharmlosen oder verschweigen seinen Tod auch nicht, sondern wir verkünden ihn – und tun damit etwas, das uns Menschen doch eher fremd ist.

Den Tod eines uns nahestehenden Menschen verkünden wir nicht, zumindest nicht im gerade gemeinten Sinn. Wir reden davon im engsten Kreis, sagen ihn weiter unter Freunden und Bekannten, geben ihn bekannt in einer Traueranzeige, auf der vielleicht steht, dass die Beerdigung „im engsten Familienkreis“ stattfindet. Im engsten Kreis wurde auch Jesus begraben. Auch sein Tod wurde zunächst nicht verkündigt, sondern hat den Jüngern die Sprache verschlagen, hat ihnen den Boden unter den Füßen weggezogen, die Zukunft geraubt, hat sie an den Abgrund ihres Lebens gebracht – bis mit Ostern offenbar wurde, dass der Tod nicht das unter allen Umständen zu Vermeidende ist. Ostern hat ihnen klargemacht: Jesu Tod war Hingabe.

Im Tod istr das Leben!

Und Hingabe ist alles andere als eine Trotzhandlung oder Verzweiflungstat. Hingabe hat ihren Beweggrund in der Liebe. Und sie setzt auf eine Zukunft jenseits der Grenzen des eigenen Lebens. Hingabe baut auf einen Halt, der ganz anderswo festgemacht ist als in diesem zerbrechlichen Leben, einen Halt, der am Ende Gott selber ist.

Das zeigt uns schon ein Blick auf das eigene Leben, auf die Hingabe, die wir erlebt haben und leben. Denken wir an die Hingabe von Eltern für ihre Kinder! Was tun sie nicht alles für die Kleinen, und was lassen sie sich ihre ganz anderen Anforderungen ausgesetzte Hingabe für die heranwachsenden Jugendlichen kosten! Denken wir an die Hingabe erwachsener Kinder in der Pflege ihrer alten Eltern. An die Hingabe von Umweltschützern, von Engagierten für Frieden und Gerechtigkeit, an die Hingabe von Rettungskräften, von Lehrern, Seelsorgern… Und derzeit vor allem an die Hingabe der vielen im Gesundheitswesen Tätigen, die sich unermüdlich um Covid-19 erkrankte Menschen kümmern – in Krankenhäusern, Pflegeheimen und auch im häuslichen Bereich!

Welche Strapazen nehmen Menschen auf sich – aus Liebe und im Blick auf eine Zukunft außerhalb ihres eigenen kleinen Lebens!
Und doch befällt uns immer wieder die Angst, das Leben hinzugeben, es zu verlieren…

Gerade der Karfreitag mit seiner Botschaft von der Lebenshingabe Jesu kann uns von der Angst befreien, in der Hingabe nur „verbraucht“ zu werden. Dieser Tag kann uns befreien von der Angst vor dem Tod; vor dem Sterben der uns Nahestehenden und vor dem eigenen Sterben, denn im Sterben Jesu wird sein Lebensgrund offenbar: die Liebe zu Gott und die Liebe zu uns Menschen. Diesen Tod verkünden wir, denn er ist bereits Evangelium
und erst recht ist die Auferstehung Evangelium: Frohbotschaft für uns!

Pastor Carsten Adolfs